Bei Autos ist der Kühlergrill eines der zentralen Designelemente: Stolz prangt dort das Firmenemblem, zwischen glänzenden Chromleisten. Dabei ist der Kühler bei genauer Betrachtung fast eher etwas Peinliches: Er transportiert überschüssige Wärme ab, die der Motor beim Verbrennen von Kraftstoff erzeugt.

Eigentlich wäre es wünschenswert, dass die Energie des Kraftstoffs zur Gänze in den Vortrieb des Fahrzeugs investiert wird, doch das ist technisch nicht möglich. Benzinmotoren haben, selbst im Idealfall, weniger als 40 Prozent Wirkungsgrad, der Rest ist Wärme. Beim Diesel ist das Verhältnis etwas günstiger, aber immer noch unter 50Prozent.

Dass Verbrennungsmotoren dennoch so erfolgreich sind, liegt an der hohen Energiedichte der verwendeten fossilen Brennstoffe und der damit verbundenen hohen Reichweiten bei niedrigem Fahrzeuggewicht sowie den nach wie vor doch erschwinglichen Kosten.

Motorgröße entscheidend.
 Je größer der Motor, desto mehr wirkt sich jedes Prozent Wirkungsgrad aus. Für viele industrielle Anwendungen gibt es Motoren mit Leistungswerten von über zehn Megawatt – etwa so viel wie 150 mittlere Pkw. Hier macht der Verbrauch 80 bis 90 Prozent der Kosten aus, eine Optimierung des Verbrauchs ist also von großem wirtschaftlichen Interesse. In dieser Sparte waren bisher Diesel- oder Schwerölmotoren üblich, doch inzwischen steigt das Interesse an Motoren in dieser Leistungsklasse, die mit Gas betrieben werden.

Das Large Engine Competence Center (LEC) an der TU Graz beschäftigt sich seit 20 Jahren mit der Erforschung von Gasmotoren. In dieser Zeit hat man den Wirkungsgrad von etwa 37 Prozent auf fast 50 Prozent steigern können. „Ein Spitzenwert“, wie Andreas Wimmer vom LEC erklärt. „Damit haben wir in dieser Klasse den Dieselmotor überholt.“

Das ist nicht zuletzt bemerkenswert, weil Gasmotoren Ottomotoren sind, also mit Zündkerzen arbeiten, im Gegensatz zum Diesel, wo der Kraftstoff sich allein durch den hohen Verdichtungsdruck im Kolben selbst entzündet. Im Automobilbereich sind Dieselmotoren dank der höheren Verdichtung nach wie vor deutlich effizienter als die Ottomotoren der Benziner.

Tricks für Wirkungsgrade. Die Motoren, an denen am LEC geforscht wird, sind im Vergleich dazu riesig: Ein einzelner Zylinder hat bis zu 30 Liter Hubraum, bei 500 bis 2000 Umdrehungen pro Minute. Um die hohen Wirkungsgrade zu erreichen, wird mit allen verfügbaren Tricks gearbeitet: „Unsere Motoren sind selbstverständlich alle mit Turbos aufgeladen, zweistufig. Dazwischen wird die Luft noch einmal gekühlt. Bis zu einer bestimmten Größe wird das brennbare Gas-Luft-Gemisch im Zylinder analog zum Auto mit einer Zündkerze gezündet.“

Die Herausforderung: Das Gemisch im Zylinder ist extrem „mager“, enthält also wenig Kraftstoff. In den großen Zylindern besteht die Gefahr, dass die Flamme sich nicht weit genug ausbreitet. „Ab einer gewissen Größe werden daher Vorkammern verwendet, in denen zuerst ein fetteres Gemisch gezündet wird, das dann in den Zylinder geblasen wird, um das dortige magere Gemisch zu zünden“, so Wimmer. Dabei ist die Form der Vorkammer wichtig, hier hat das LEC besondere Expertise.

Am LEC betreibt man vier Prüfstände, die getesteten Motoren haben jeweils einen einzigen Zylinder. 40 Mitarbeiter sind dort tätig, ein großer Teil der Forschung soll künftig im kürzlich genehmigten K1-Zentrum LEC EvoLET gemeinsam mit elf Unternehmenspartnern stattfinden.

Großmotoren können mit verschiedenen brennbaren Gasen betrieben werden, von Wasserstoff über Erdgas bis hin zu Sondergasen wie dem sehr energiearmen Hochofengas, das nur ein Fünfzehntel des Heizwerts von Erdgas hat – auch dafür gibt es Motoren vom LEC.

Gasmotoren haben sehr günstige Emissionswerte: Es gibt keinen Ruß, und auch bei Stickoxiden beträgt der Wert nur ein Zehntel der Werte von Dieselmotoren. Einziges Problem: die Emission von unverbranntem Gas, problematisch etwa bei Methan, das als starkes Treibhausgas bekannt ist. Das Interesse an Gasmotoren ist einerseits durch die international große Bedeutung von Erdgas bedingt, nicht zuletzt durch die Verbreitung von Schiefergasförderung.

Doch es gibt auch interessante Spezialanwendungen für diese Aggregate, etwa die Energieerzeugung in Blockheizkraftwerken, wo Kolbenmotoren bis zu einer gewissen Größe Gasturbinen überlegen sind. Hier ist etwa ein vom LEC gemeinsam mit der Firma Jenbacher entwickelter Motor mit 9,5Megawatt im Einsatz. Eine andere Anwendung ist der Schienenfahrzeug- oder auch der Marinebereich. Es erscheint naheliegend, große Flüssiggastanker nicht mit Diesel, sondern mit dem mitgeführten Gas zu betreiben – immerhin dampft beim Transport ohnehin immer eine gewisse Menge des verflüssigten Gases ab. „Hier verhindern Zweifel an der Zuverlässigkeit derzeit eine völlige Umstellung auf Gasmotoren“, so Wimmer.

Motoren im Mischbetrieb.
 „Der Trend geht in Richtung Dual-Fuel-Motoren, die mit Gas und Diesel betrieben werden können.“ Das geht zwar mit Einbußen in der Effizienz einher, aber dank der inzwischen sehr hohen Verdichtungsraten bei Gasmotoren ist dieser Zugang möglich. Diese Motoren können auch in einem Mischbetrieb laufen, bei dem eine geringe Menge Diesel gemeinsam mit Erdgas verbrannt wird.

Gas ist auch noch aus einem anderen Grund interessant: Obwohl Erdgas ein fossiler Energieträger wie Erdöl oder Kohle ist, wird er immer wieder als Möglichkeit genannt, den CO2-Ausstoß und andere Emissionen zu reduzieren. Dass der Ausstoß von Ruß beim Gas im Gegensatz zu Öl und Kohle wegfällt, mag intuitiv einleuchten.

Für den CO2-Ausstoß dagegen ist die Menge an Kohlenstoff entscheidend, den ein fossiler Energieträger enthält. Die Wasserstoffatome des Brennstoffs reagieren mit dem Sauerstoff aus der Luft zu H2O, also Wasser, während der Kohlenstoff zu CO2 reagiert. Methan etwa besteht aus einem Kohlenstoffatom und vier Wasserstoffatomen, der Wasserstoff verbrennt dabei zu reinem Wasser. Zum Vergleich: Steinkohle besteht, je nach Qualität, aus 60 bis 90 Prozent reinem Kohlenstoff, der Rest trägt kaum zur Energiegewinnung bei. Bei der Verbrennung entsteht fast ausschließlich CO2. Erdöl liegt in der Mitte. Bei Gasmotoren ist die Rede von einer C02-Ersparnis gegenüber Diesel von über 30 Prozent.

Biogas als Alternative. Einen weitere Perspektive hat Erdgastechnologie: Sie kann auch mit erneuerbarem Biogas betrieben werden. Bei der kürzlich diskutierten „Power To Gas“-Technologie gilt es, die damit verbundenen Wirkungsgrade im Auge zu behalten, nicht zuletzt angesichts der Wirkungsgrade von Gasmotoren.

50 Prozent Wirkungsgrad – wie weit lässt sich das noch steigern? Wimmer weist darauf hin, dass die Steigerungskurve inzwischen sehr flach ist. Man kämpft um jedes Zehntelprozent. Dennoch: Bei einem Zehn-Megawatt-Motor bedeutet ein Prozent mehr Effizienz eine Einsparung von 750 Tonnen CO2im Jahr. Auf diese Weise lassen sich auch Nachhaltigkeitspreise gewinnen: 2011 der Houska-Preis und zuletzt 2012/13 der Energy Globe Styria Award in der Kategorie „Fire“.

Berichterstattung

die Presse: Forscher geben Gas bei Großmotoren
die Presse print & online, 27.7.2014