Geschäftsführer Andreas Wimmer im Gespräch mit dem Standard:

 

Herr Wimmer, die meisten Menschen haben wahrscheinlich keine Vorstellung davon, was das LEC macht oder wozu Großmotoren gebraucht werden. Vor allem Frauen scheinen sich eher weniger für Motorentechnik zu interessieren?

Wimmer: Wir befassen uns am LEC konkret mit Motoren, die beispielsweise in Blockheizkraftwerken zur Stromerzeugung oder als Antrieb für Lokomotiven gebraucht werden. Großmotoren werden aber auch im Marinebereich für Kreuzfahrtschiffe oder für Frachtschiffe, die mittlerweile mit bis zu 20.000 Containern beladen werden können, eingesetzt. Es geht nicht darum, einen Motor völlig neu zu erfinden. Wir versuchen durch die Veränderung einzelner Komponenten mehr Leistung bei weniger Verbrauch und verringerten Emissionen zu erreichen. Dafür haben wir Prüfstände in den Labors, wir können Simulationen durchführen und wir beschäftigen uns selbstverständlich auch mit Fragestellungen rund um die Kraftstoffqualität und die Entwicklung der Abgasgrenzwerte etc. Dass sich Frauen eher weniger für Technik interessieren, würde ich so generell nicht behaupten. Vielleicht haben viele einfach noch nicht den richtigen Zugang gefunden und können deshalb meine Begeisterung und auch die der Männer im Allgemeinen für einen Ingenieurberuf nicht so ganz teilen.

 

Wünschen Sie sich mehr weibliche Kompetenz im Ingenieurbereich im Allgemeinen und auch speziell in Ihrem LEC-Team?

Wimmer: Ja, sehr sogar. Ich halte es für extrem wichtig, die weibliche und auch die männliche Sicht in unterschiedliche technische Fragestellungen miteinzubeziehen. Aus Erfahrung am LEC, aber auch von meiner Lehrtätigkeit an der TU Graz weiß ich, dass sich daraus immer spannende und interessante neue Aspekte ergeben können, die zu großartigen und innovativen Lösungen führen. Für mein Team wünsche ich mir unbedingt noch mehr Frauen. Und auch für die technischen Studienfächer an den Universitäten und Hochschulen würde ein höherer Frauenanteil – derzeit sind es bei uns im Maschinenbaubereich nur wenige Prozent – sicherlich eine wirkliche Bereicherung sein.

 

Viele Frauen meinen, dass sie, wenn sie einen Technikberuf ergreifen, sich in ein männliches Territorium begeben, in dem ihre Kompetenzen nicht wahrgenommen und anerkannt werden. Sie fürchten, trotz gleicher Qualifikation schlechtere Berufs- und Karrierechancen zu haben.

Wimmer: Das mag am freien Markt vielleicht manchmal leider immer noch zutreffen. Am LEC ist es mir aber ein persönliches Anliegen, weibliche Mitarbeiter dahingehend zu unterstützen, dass sie Familie und Beruf möglichst unkompliziert miteinander verbinden können. Und bei der Vergabe von Positionen am LEC geht es nicht ums Geschlecht, sondern ausschließlich um die fachliche Kompetenz und die soziale Intelligenz. Und auch in Bezug auf die Arbeitszeit und die Kinderbetreuung gibt es ganz individuelle Lösungen bei uns.

 

Wann haben Sie Ihre Begeisterung für Technik und im Speziellen für Großmotoren entdeckt?

Wimmer: Technikfan war ich schon von Kindheit an, die Sache mit den Großmotoren hat sich erst später Schritt für Schritt entwickelt. Heute bin ich sehr stolz auf meine Arbeit und überzeugt davon, den richtigen und besten Job der Welt zu haben. Es ist einfach ein ganz großartiges Gefühl, wenn Entwicklungen aus dem LEC auch international erfolgreich sind und von der Wirtschaft angenommen und umgesetzt werden. Für GE Jenbacher haben wir beispielsweise das Verbrennungskonzept für den neuen J920 entwickelt – das ist ein gewaltiger gasbetriebener Motor mit einer Leistung von 9,5 MW und einem exzellenten Wirkungsgrad – darüber freu ich mich ebenso wie über die Awards und Auszeichnungen, die das LEC und auch die Vorgänger-Kompetenzzentren seit mittlerweile fast 20 Jahren regelmäßig bekommen.

 

Haben Sie einen Tipp für Väter, wie sie ihre Töchter schon von klein auf für Technik begeistern können? Traditionellerweise bekommen Mädchen nach wie vor eher eine Puppe als ein Spielzeugauto zum Geburtstag.

Wimmer: Ich denke, dass man Kindern nicht die eine oder andere bestimmte Begabung anerziehen kann, die man selbst ganz großartig findet. Ich habe zwei Söhne, die sich beispielsweise nicht für Technik interessieren – noch nicht, hoffentlich. Ich bin aber überzeugt davon, dass wir Mädchen technische Dinge wie Autos, Eisenbahnen und Co. als Spielzeug nicht vorenthalten dürfen. Denn wenn der Umgang mit Technik etwas so Selbstverständliches ist wie eben das An- und Auskleiden von Barbie, dann besteht die reale Chance, dass es künftig mehr weibliche Studierende und auch Absolventinnen von technischen Fächern gibt. Der Arbeitsmarkt jedenfalls kann Technikerinnen wirklich gut brauchen.

 

Das Kompetenzzentrum LEC wird aktuell für vier plus vier Jahre gefördert. Was passiert, wenn die acht Jahre vorbei sind mit Ihrem Team?

Wimmer: Darüber müssen sich die Kolleginnen und Kollegen keine Sorgen machen. Viele arbeiten im Rahmen von Dissertationen eine ohnehin vorher festgelegte Zeitspanne bei uns und nutzen das LEC als Karriereleiter für eine Position an der Universität oder auch am freien Markt. Leute, die bei uns gearbeitet haben, sind am Arbeitsmarkt extrem gefragt. Wenn die Förderung ausläuft, dann wird das Zentrum selbstständig weitergeführt – schließlich tragen wir als „LEC Evolutionary Large Engines Technology for the Next Generation of Gas and Dual Fuel Engines“ – so wie es aus unserem Namen hervorgeht – Verantwortung für die nächsten Generationen.

 

Als Team an innovativen Lösungen arbeiten. @ 2015 LEC GmbH

Berichterstattung

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derStandard.at, 11. April 2015, 00:00